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Nahversorgung in Österreichs Gemeinden: Kleine Orte kämpfen ums Überleben

Viele österreichische Gemeinden unter 2.000 Einwohnern stehen ohne Nahversorger da. Welche Herausforderungen das mit sich bringt und welche Lösungsansätze diskutiert werden.

Österreichs Nahversorgung in Zahlen

Österreich zählt 2.092 Gemeinden. Während in größeren Orten und Städten ein dichtes Netz an Supermärkten, Bäckereien, Fleischereien und Cafés vorhanden ist, fehlen in mehr als 500 kleineren Gemeinden die Nahversorger. Besonders in Dörfern mit weniger als 2.000 Einwohnern ist ein wirtschaftlich tragfähiger Betrieb kaum möglich.

Ein Beispiel dafür ist Gramais in Tirol – mit nur 43 Einwohnern die kleinste Gemeinde Österreichs. Hier wäre ein Geschäft nicht rentabel zu führen.

Wirtschaftlichkeit bleibt entscheidend

Christian Prauchner, Obmann des Bundesgremiums Lebensmittelhandel der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), betont: „Ein Lebensmittelgeschäft muss wirtschaftlich funktionieren – sonst hat es keine Zukunft.“ Gemeinden könnten nicht dauerhaft einspringen und Nahversorger mit Steuergeld künstlich erhalten.

Auch wenn in mittleren Orten die Nachfolge von Kaufleuten heute leichter zu organisieren ist als noch vor einigen Jahren, bleibt die Lage in Kleinstgemeinden prekär. Für Bäckereien, Konditoreien und Cafés bedeutet das: Standortentscheidungen hängen zunehmend an klaren wirtschaftlichen Kennzahlen.

Diskussion um Öffnungszeiten und Sonderregelungen

Ein Ansatz, um Betriebe attraktiver zu machen, wären flexiblere Öffnungszeiten. Doch Prauchner warnt: „Der Kuchen wird nicht größer – längere Öffnungszeiten führen nicht zu mehr Umsatz, sondern zu Verschiebungen zugunsten der großen Handelsketten.“

Für Tourismusregionen oder besonders gefährdete Orte hält er punktuelle Ausnahmen dennoch für sinnvoll. Dort könnten längere Öffnungszeiten kleineren Nahversorgern – und damit auch Bäckereien und Konditoreien – einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Mehr als Lebensmittel: Versorgung als Gesamtaufgabe

Wenn von Nahversorgung die Rede ist, denken viele an Lebensmittelgeschäfte. In Wirklichkeit betrifft die Frage aber auch ärztliche Versorgung, Kinderbetreuung oder Bankdienstleistungen. Fehlt eines dieser Angebote, leidet die Lebensqualität im gesamten Ort.

Für Landwirte, die ihre Produkte direkt vermarkten, sowie für handwerkliche Bäckereien, Konditoreien und Chocolatiers kann die strukturelle Schwäche kleiner Gemeinden jedoch auch Chancen bieten. Regionale Wertschöpfung und innovative Kooperationen – etwa zwischen Produzenten und Cafés – können neue Wege öffnen.

Solidarität der Bevölkerung gefragt

Prauchner ist überzeugt: „Ohne Solidarität in der Bevölkerung wird es nicht gehen.“ Das bedeutet: Wer regionale Geschäfte erhalten möchte, muss sie auch regelmäßig nutzen. Für die Branche ist klar – nur gemeinsam mit den Konsumentinnen und Konsumenten können die Nahversorger in ländlichen Regionen überleben.

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