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Locsmandy’s finest: Ein Traum in Rosa

Was aussieht wie ein Konzept aus einer Designagentur, wurzelt tief in der Familiengeschichte: Seit vier Generationen wird in Andau gebacken. Annette Locsmandy hat das Handwerk von klein auf verinnerlicht, internationale Stationen bei Demel, Do & Co und in New York absolviert – und ist schließlich dorthin zurückgekehrt, wo alles begann: in die Backstube ihres Vaters, mitten in der Pannonischen Tiefebene.

Brot- und Backwaren mit Sauerteig, Konditoreiwaren nur aus Dinkelmehl, einen Namen, den sich eine Werbeagentur nicht besser hätte ausdenken können und dazu der Laden von Aichinger: monochrom im pastelligen Altrosa gehalten. Locsmandy’s finest ist nicht in einem hippen Wiener Bezirk angesiedelt, sondern da, wo die Inhaberin aufgewachsen ist, ihre Familie seit über 100 Jahren die Bäckerei betreibt und wo es für sie am schönsten ist: in Andau, mitten in der Puszta, dort, wo der Seewinkel an Ungarn grenzt.

Annette Locsmandy ist Bäcker & Konditormeisterin und Lebensmitteltechnologin. Sie wusste schon als kleines Kind, als sie ihrem Vater in der Backstube geholfen hat, dass dies einmal ihr Platz sein wird.© Chaluk
Annette Locsmandy ist Bäcker & Konditormeisterin und Lebensmitteltechnologin. Sie wusste schon als kleines Kind, als sie ihrem Vater in der Backstube geholfen hat, dass dies einmal ihr Platz sein wird.
© Chaluk

Zwischen Andau, Wien und New York

Annette Locsmandy wusste schon als kleines Kind, als sie ihrem Vater in der Backstube geholfen hat, dass dies einmal ihr Platz sein wird. Nach Abschluss der HTL für Lebensmitteltechnologie in Wels und anschließender Meisterklasse für das Konditoren- und Bäckerhandwerk, drei Jahren im väterlichen Betrieb, sechs Jahren bei der k.u.k. Hofzuckerbäcker Ch. Demel’s Söhne GmbH in Wien, drei Monaten in der Dependance in New York sowie bei vielen Veranstaltungen rund um den Globus bei Do & Co war sie bereit, sich in ihrem Heimatort Andau der nächsten Herausforderung zu stellen.

Ein Ort, der ankommt – bei allen

2019 übernahm sie Gebäude, Laden und Backstube von ihrem Papa und hatte bereits 2020 Angebot und Entwurf für den Umbau von einem Ladenbauer auf dem Tisch liegen.

Dann kam Corona und ihre Tochter erblickte das Licht der Welt. Die Burgenländerin wusste jedoch stets genau, was sie wollte. Ein Laden mit einem Café, maßgeschneidert auf sie in ihrer Situation als Mutter, sollte es werden: frühmorgens im Service und an der Theke im Einsatz, nachmittags in der Konditorei. Das neue Geschäft sollte nicht nur praktisch in den Arbeitsabläufen sein, sondern auch dem Anspruch genügen, dass vier Bäcker Brot und Backwaren backen und Annette Locsmandy in liebevoller Handarbeit feinste Kuchen, Mehlspeisen, Schokoladiges und am allerliebsten Torten mit Hingabe herstellt.

Annette Locsmandy liebt die Farbe Rosa, trägt es sogar als Armband ihrer Smartwatch. Aus dem Namen und ihrer Lieblingsfarbe entwickelte das Team von Ernst Sommerauer das Gestaltungsnarrativ: Brotregal, Deckenelemente, Rückwand, Stühle und Bänke sind in Altrosa gehalten – nur in Nuancen abgetönt. Dazu helles Holz an der Front der ART-line-Theke und helle Steinfliesen. „Ich habe es für mich gemacht“, bekennt die Bäcker- und Konditormeisterin. Umso schöner war es für sie, als es zur Eröffnung im Mai 2024 nur Komplimente gab – übrigens auch von der Männerrunde, die sich allmorgendlich um 5 Uhr zum ersten Kaffee bei ihr trifft.

Ein Betrieb im Wandel

Seit ihr Vater 1986 auch den vorderen Teil des Gebäudes übernommen hat, wurden die Verkaufsräume immer wieder umgebaut, Wände versetzt und neu eingezogen. Auch diesmal wurden Wände eingerissen, Fenster vergrößert und der Eingang versetzt, damit er mit einer Rampe auch stufenlos erreichbar ist. Nicht nur Mütter mit Kinderwagen wissen das zu schätzen.

Die Fläche des Ladens und des Cafés ist mit etwa 100 m2 gleich geblieben und doch wirkt es für die Inhaberin und ihre Stammgäste noch immer größer: mehr Fensterflächen, weniger Einbauten, reduzierte Formen und die monochrome Farbgebung schaffen Größe.

Dem „größten Schatz“ schenkte sie anfangs nur wenig Beachtung. Erst im Zuge der Planung wurde hinter dem Brotregal das Potenzial eines Vorbereitungsraumes entdeckt. Täglich bereitet hier die Chefin gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden morgens das Frühstück sowie köstliche Snacks für die Kunden vor – stets Verkaufsbereich sowie Café im Blick, denn: Das Brotregal hat keine Rückwand.

Als die Welt durch Andau ging

Andau erlebte 1956 einen Ansturm von 70.000 Menschen aus Ungarn, die als letzte Möglichkeit über die Brücke von Andau in den Westen flohen. Annette Locsmandys Vorfahren buken rund um die Uhr und versorgten mit dem ganzen Dorf die Neuankömmlinge.

Seit mehr als 50 Jahren verlassen allerdings mehr Menschen Andau, als neue hinzukommen, gegenwärtig leben am Ausläufer der Pannonischen Tiefebene noch etwa 2.200 Einwohner – verwöhnt von den meisten Sonnentagen in Österreich. Dennoch ist fühmorgens im Dorf und bei Locsmandy’s finest Rushhour, wenn die Pendler nach Wien unterwegs sind.

Zehn bis 15 Torten werden für das Wochenende hergestellt und bis nach Neusiedl geliefert. © Beigestellt
Zehn bis 15 Torten werden für das Wochenende hergestellt und bis nach Neusiedl geliefert. © Beigestellt

Die meisten nehmen sich da schon das Brot für den Abend mit, denn Montag bis Samstag schließt der Laden um 12 Uhr, nur freitags ist nochmals von 15 bis 18 Uhr geöffnet. „Mein Vater hat schon alles probiert: durchgehend auf, mittags geschlossen, abends wieder aufgesperrt – nichts hat sich bewährt“, erinnert sie sich. Längere Öffnungszeiten sind gegenwärtig organisatorisch und personell nicht möglich. Wenn der Laden zu ist, das Kind vielleicht schläft, dann ist die 38-Jährige am Nachmittag in ihrem Element.
Zehn bis 15 Torten werden für das Wochenende hergestellt und bis nach Neusiedl geliefert, mitunter auch nur eine, dafür mehrstöckig und zwei Meter hoch. Der Familienbetrieb beliefert neben den Spar-Filialen in Andau, Frauenkirchen, Gols und Mönchhof auch Gastronomie- und Hotelleriebetriebe, Weingüter und Heurige im Seewinkel.

Zusätzlich bietet das Team von Locsmandy’s finest von Mai bis September an Sonntagvormittagen Brot, Gebäck und Feingebäck in einem Verkaufsanhänger am Andauer Badesee.

Autor: Volker Simon

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