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VdB-Kolloquium Schladming: Die Branche traf sich

Mit dem Leitthema „Transformation in der Backstube“ versammelte das VdB-Kolloquium mehr als 100 Branchenvertreter in Schladming. Hochkarätige Vorträge, aktuelle Themen und reger Austausch machten den Event erneut zum Fixpunkt der Bäckerbranche.

Hochkarätige Referenten und intensives Networking: Dafür steht Jahr für Jahr das Kolloquium der VdB Österreich – längst ein Fixtermin des Who’s who der Bäckerbranche. „Transformation in der Backstube“ lautete das Generalthema des diesjährigen Kolloquiums. Mehr als 100 Teilnehmer aus der Backwaren- und Zuliefererbranche trafen sich am 23. und 24. Juni in Schladming zum Meinungsaustausch.

Prof. Dr. Maximilian Lude sprach über KI, Robotik und Werte in Familienbetrieben. © Beigestellt
Prof. Dr. Maximilian Lude sprach über KI, Robotik und Werte in Familienbetrieben. © Beigestellt

Innovation durch Tradition

Den Eröffnungsvortrag mit dem Thema „Innovation durch Tradition“ hielt Prof. Dr. Maximilian Lude von der Münchner philoneos GmbH. Der exponentiellen Entwicklung der Technologien steht ein logarithmisches Wachstum der Unternehmen gegenüber, was für Familienbetriebe oft typisch ist. Besonders rasant wächst KI, die für Lude die wichtigste Technologie der nächsten Jahre darstellt. Durch das Verschmelzen von KI und Robotik entstehen autonome Systeme wie beispielsweise humanoide Roboter, die einfache Tätigkeiten übernehmen können. Trotz all dieser Entwicklungen bleibt der Faktor Mensch im Mittelpunkt. Die Werte, wie sie Familienunternehmen vermitteln, bieten Orientierung in der zunehmend artifiziellen Welt. Lude rät, immer am Puls der Kunden zu sein, Erlebnisse zu bieten und sich ständig anzupassen. Dabei geht es nicht darum, blind jedem Trend hinterherzurennen, sondern verwurzelt zu bleiben in den eigenen Stärken, in der eigenen Identität.

KI trifft auf Neurowissenschaft

Das Folgereferat von Urs Burgermeister und Silvia Germann von Inmind-consulting, St. Gallen, trug den Titel „Der blinde Wandel: Wenn Kunden auf der Strecke bleiben“. Die beiden Experten kombinieren KI-Technologie und Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft, um die tiefliegenden Gründe für menschliches Verhalten zu entschlüsseln. Die neurowissenschaftliche Methode MetaMotivation® deckt die unbwussten Verhaltensmotive von Menschen für Kaufentscheidungen auf. Wie daraus Strategien für beispielsweise das Markenmanagement oder die Kommunikation entwickelt werden können, erläuterten Burgermeister und Germann an einigen Beispielen.

Kommunikation im digitalen Raum

„Innovation oder blinder Wandel – Wie Social Media & KI die Bindung mit Mitarbeitern und Kunden auf den Kopf stellt?“ beleuchtete Maximilian Schwinghammer von der sonicboom GmbH, Wien, und bot den Teilnehmern des Kolloquiums eine Reihe an Tipps für die Kunden- und Mitarbeiterkommunikation im digitalen Raum. Bei der Contenterstellung beispielsweise ersetzt die Story das Produkt, denn Menschen kaufen Emotionen, nicht Eigenschaften. Für die Kundenkommunikation ist es daher wichtig, Storytelling als zentrales Kommunikationsprinzip zu verankern. In den Geschichten spielen Kunden die Hauptrolle und nicht das Produkt unter Zuhilfenahme von emotionalen Erzählformaten wie Reels, Testimonials oder Mini-Dokus. Für die Mitarbeiterkommunikation empfiehlt Schwinghammer, die interne Kommunikation als gemeinsame Heldengeschichte zu positionieren. Die Darstellung der Mitarbeiter als Teil der Unternehmensentwicklung mit echten Geschichten über Erfolge, Teamgeist oder Herausforderungen stärkt Zugehörigkeit und Engagement.

Maximilian Schwinghammer gab Tipps für digitale Kommunikation. © Beigestellt
Maximilian Schwinghammer gab Tipps für digitale Kommunikation. © Beigestellt

Schwerpunkte der Interessenvertretung

Kathrin Edler von der Bundesinnung der Lebensmittelgewerbe umriss einige der aktuellen Arbeitsschwerpunkte der Interessenvertretung. Die Referentin berichtete über die Überarbeitung der Lehrabschlussprüfungen für Backtechnologie und Bäckerei. Sie informierte die Teilnehmer über den aktuellen Stand bei den AustrianSkills und gab eine Vorschau auf den Österreichschen Brotwettbewerb 2026. In puncto Rechtliches gab Edler ein Update zu Listeria monocytogenes und zu Ethanol.

Neuer VdB-Vorstand gewählt

Mit der Generalversammlung der VdB Österreich und der Wahl des neuen Vorstandes endete der erste Veranstaltungstag. Neue Obfrau ist DI Eva Pfahnl, die auf Michael Bruckner folgt. Als Stellvertreter stehen ihr Ing. Christian Ruetz und DI Stefan Huemer zur Seite. Die scheidenden Vorstandsmitglieder wurden mit launigen Abschiedsreden, kleinen Geschenken und einem Ständchen geehrt.

Der neue Vorstand: Christoph Hirsch, Natalie Frühwirth, Gisela Wenger-Oehn, Markus Geres, Obfrau Eva Pfahnl, Christian Ruetz, Michael Guschlbauer, Johannes Ruisz, Christina Moser-Wachtveitl, Albert Ponzelar-Becker und Stefan Huemer (v. l.). © Beigestellt
Der neue Vorstand: Christoph Hirsch, Natalie Frühwirth, Gisela Wenger-Oehn, Markus Geres, Obfrau Eva Pfahnl, Christian Ruetz, Michael Guschlbauer, Johannes Ruisz, Christina Moser-Wachtveitl, Albert Ponzelar-Becker und Stefan Huemer (v. l.). © Beigestellt

„Processed Foods“– immer noch Lebensmittel?

Der zweite Tag startete mit Neuigkeiten aus Brüssel. DI Angela Pretzl, Österreichs Vertreterin der VdB bei der AIBI (International Association of Plant Bakers), berichtete über den Stand der Beratungen unter anderem bei Enzymkennzeichnung, Kontaminanten, Verpackungsverordnung und Entwaldungsverordnung.
Anschließend standen „Processed Foods“– verarbeitete Lebensmittel – im Fokus. Prof. DI Michael Kleinert, ZHAW Wädenwill, referierte über „Ultraprocessed Food“. International verbreitet ist das NOVA-Klassifikationssystem. Danach werden Lebensmittel entsprechend ihrem Verarbeitungsgrad in vier Gruppen eingeteilt: unverarbeitete, wenig verarbeitete, verarbeitete und hochverarbeitete Lebensmittel, darunter fällt beispielsweise auch abgepacktes Vollkornbrot. Studien weisen darauf hin, dass ein hoher Konsum an stark verarbeiteten Lebensmitteln mit einem höheren Risiko für Übergewicht, Adipositas, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sein kann. Der NOVA-Ansatz wird seitens der Wissenschaft kritisch betrachtet. DI Michael Kleinert vermutet, dass die Diskussionen über hochverarbeitete Backwaren und Konditoreiprodukte zunehmen werden. Das Bewusstsein der Bedeutung einer ganzheitlichen Lebensmittelqualität müsse geschärft werden. Zudem fordert Kleinert ein ganzheitliches Wertschätzungsnetzwerk Brot, das faktenbasiert erklärt, Widersprüche benennt und respektvoll nach Handlungsoptionen sucht und konkrete Maßnahmen umsetzt. Prof. Kleinert nennt als Erfolgsfaktoren für die Zukunft: Brot muss genussvoll sein, gesund, den Preis wert und enkeltauglich.

Gesunde versus ungesunde Lebensmittel

„Processed Food aus der Sicht der Lebensmitteltechnologie“ beleuchtete Prof. Dr. Henry Jäger, BOKU Wien, Institut für Lebensmitteltechnologie. Es gilt zu differenzieren zwischen Inhaltsstoffen, Zutaten Zusammensetzung sowie Verarbeitung und Prozess. Die Anforderungen an Lebensmittel sind unterschiedlich. Die Wirkung ist abhängig von Mengen – Inhaltsstoffen, Verzehr – und Intensitäten. „Verarbeitet“ ist laut Jäger keine Synonym für industriell hergestellte oder ungesunde Lebensmittel. „(Ultra)Processed Food aus der Sicht der Ernährungswissenschaft“ hatte der Vortrag von Dr. Reynalda Cordova von der Universität Wien zum Thema. Nach der Untersuchung zahlreicher Studien lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem erhöhten Konsum von Ultraprocessed Food (UPFs) und nachteiligen gesundheitlichen Folgen feststellen. Weitere Forschung ist notwendig, insbesondere bedarf es einer differenzierten Analyse der diversen UPF- Subgruppen. Die Handlungsempfehlung von Dr. Wagner ist klar: den Konsum von UPFs einzuschränken und durch frisch zubereitete Mahlzeiten, weniger verarbeitete Lebensmittel zu ersetzen.
Der Themenblöcke „Processed Food“ und das Kolloquium selbst wurden mit einer Podiumsdiskussion, moderiert von Hannes Royer, Vorstand des Vereins „Land schafft Leben“, abgeschlossen.

Etablierter Branchentreff

Das VdB-Kolloquium war wieder ein voller Erfolg. Branchenkollegen ebenso wie Mitbewerber fanden ausreichend Zeit, sich auszutauschen sowie verschiedene Themen zu vertiefen, und konnten neue Inhalte mit nach Hause nehmen. Man darf sich auf die 19. Auflage freuen: 15. bis 16. Juni 2026 wieder in Schladming.

Autorin: Hilde Resch

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