
Neue Wege für eine krisenfeste Ernährung: Das Bäckerhandwerk im Mittelpunkt
Wie können Ernährungssysteme in Zukunft nicht nur ökologischer, sondern auch gerechter und widerstandsfähiger werden? Die aktuelle Analyse „Landwirtschaft im Wandel“ des Ernährungsökologen Martin Schlatzer liefert darauf fundierte Antworten – und macht deutlich: Handwerkliche Bäckereien und Konditoreien spielen eine zentrale Rolle in der notwendigen Transformation.
Die Studie im Auftrag der Menschenrechtsorganisation Südwind und der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar betont: Agrarökologie und biologischer Landbau sind entscheidende Eckpfeiler für eine zukunftsfähige Ernährungspolitik. Eine Erkenntnis, die auch dem Bäckerhandwerk neue Perspektiven eröffnet.
Regionale Zutaten statt globaler Abhängigkeit
Das Ernährungssystem ist derzeit massiv abhängig von importierten Rohstoffen – ein Risiko, wie die jüngsten Preis- und Versorgungskrisen zeigen. Die Studie zeigt jedoch: Eine vollständige Umstellung auf biologische Landwirtschaft wäre in Österreich möglich – ohne zusätzliche Flächen, wenn gleichzeitig Lebensmittelverschwendung reduziert und der Konsum tierischer Produkte angepasst wird.
Für Bäckereien bedeutet das: Wer regional einkauft, lokal verarbeitet und auf biologisch zertifizierte Rohstoffe setzt, sichert nicht nur seine Lieferketten, sondern positioniert sich auch als Teil der Lösung. Die Nachfrage nach Bio-Brot, handgemachten Mehlspeisen und transparent erzeugten Produkten steigt stetig – getragen von einem Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Gesundheit.
Lebensmittelverschwendung reduzieren – Potenziale nutzen
Ein weiteres zentrales Thema der Studie ist der Umgang mit Ressourcen. Rund ein Drittel aller Lebensmittel weltweit werden verschwendet – auch Backwaren gehören zu den besonders betroffenen Warengruppen. Doch die Studie macht Mut: Würden allein in Österreich 25 % weniger Lebensmittel weggeworfen, ließe sich eine vollständige Bio-Umstellung realisieren.
Für das Bäckerhandwerk bedeutet das eine doppelte Chance: Wer in Produktion, Verkauf und Kundenkommunikation auf Restevermeidung, Tagesangebote, kreative Zweitverwertung oder „Backwaren vom Vortag“ setzt, spart Kosten, steigert das Image und leistet einen aktiven Beitrag zur Ernährungswende.
Bio-Handwerk als zukunftsfähiges Modell
Die Studie unterstreicht, dass agrarökologische Systeme nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich tragfähig sind – insbesondere bei regionalen Wertschöpfungsketten. Das eröffnet Perspektiven für das Handwerk: Lokale Bio-Mühlen, partnerschaftliche Kooperationen mit landwirtschaftlichen Betrieben, transparente Lieferketten und ein klares Qualitätsversprechen stärken das Vertrauen der Kundschaft – und bieten Differenzierung in einem hart umkämpften Markt.
Politische Rahmenbedingungen gefordert – und genutzt
Die Studienautor:innen fordern eine konsequente öffentliche Beschaffung: Mehr Bio, mehr Regionalität – vor allem in Schulen, Krankenhäusern und öffentlichen Kantinen. Für BäckerInnen und KonditorInnen bedeutet das: Wer sich hier positioniert, kann künftig vermehrt auf Ausschreibungen zugreifen und neue Geschäftsfelder erschließen.
Auch die Forderung nach einem starken Lieferkettengesetz, das Umweltstandards und Menschenrechte absichert, unterstreicht die Bedeutung fairer, nachvollziehbarer Lieferbeziehungen – ein Aspekt, der im handwerklichen Bäckerbetrieb oft schon gelebte Praxis ist.
Das Bäckerhandwerk ist und bleibt Teil der Lösung
Die Agrarwende ist kein abstrakter politischer Prozess – sie betrifft die tägliche Arbeit im Handwerk. Doch gerade hier liegt das Potenzial: BäckerInnen und KonditorInnen, die auf Qualität, Transparenz und regionale Herkunft setzen, sind die Gewinner einer bewussteren Konsumkultur.
Die Analyse „Landwirtschaft im Wandel“ zeigt: Die Zukunft der Ernährung ist auch eine Frage des Handwerks. Und das kann – mit Kompetenz, Innovation und einem klaren Bekenntnis zu Nachhaltigkeit – eine führende Rolle einnehmen.