
In der Wiener Urania wurde deutlich: Die Reduktion von Lebensmittelverschwendung ist keine Einzelaufgabe, sondern eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Unter dem Titel „Isst das jemand?“ luden das Ökosoziale Forum Österreich & Europa sowie Die Tafel Österreich zum offenen Dialog zwischen ProduzentInnen, HändlerInnen, KonsumentInnen und NGOs – mit dem Ziel, praktikable Wege für einen effizienteren Umgang mit Ressourcen zu finden.
Der Handlungsbedarf ist unbestritten: Etwa eine Million Tonnen genussfähiger Lebensmittel landen jährlich in Österreich im Abfall – trotz steigender Produktionskosten und wachsendem Nachhaltigkeitsbewusstsein. Besonders betroffen sind Bäckereien und kleine Betriebe, die zwischen Kundenwünschen, Haltbarkeit und Planbarkeit jonglieren müssen.
Verantwortung entlang der Wertschöpfungskette
„Jeder Betrieb, jede Konsumentin trägt Mitverantwortung“, betonte Hans Mayrhofer, Generalsekretär des Ökosozialen Forums. Es brauche gezielte Maßnahmen entlang der gesamten Kette – von der Landwirtschaft über die Verarbeitung bis zum Verkauf. Die Stichworte heißen: Ressourcenschonung, Kreislaufwirtschaft und vor allem Bewusstseinsbildung.
Auch Alexandra Gruber, Geschäftsführerin von Die Tafel Österreich, mahnte zur gesellschaftlichen Achtsamkeit: „Wir retten seit 1999 genusstaugliche Lebensmittel und geben sie kostenfrei an armutsbetroffene Menschen weiter. Jedes nicht genutzte Produkt bedeutet auch eine verpasste Chance für soziale Gerechtigkeit.“
Praxisbeispiele aus der Branche
Wie nachhaltige Produktion und Effizienz in der Praxis funktionieren können, zeigt LGV Sonnengemüse: „Gute Ausbildung, Erfahrung und vorausschauende Planung sind essenziell“, erklärte Vorstand Josef Peck. Besonders in der Abstimmung mit Handelspartnern sieht er großes Potenzial zur Vermeidung von Überschüssen.
Auch aus der verarbeitenden Industrie kommt Rückenwind. Josef Domschitz vom Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie berichtete von erfolgreichen Maßnahmen wie besserer Bedarfsplanung, gezielter Schulung der Mitarbeitenden und der sinnvollen Verwertung von Reststoffen.
Tanja Dietrich-Hübner von Blühendes Österreich hob die Bedeutung neuer Vermarktungsansätze hervor: „Unsere ‚Wunderlinge‘ – also optisch nicht perfekte Produkte – gehen ganz bewusst in den Verkauf. Damit setzen wir ein Zeichen gegen normierte Lebensmittel und für mehr Wertschätzung.“
Was es jetzt braucht
Einigkeit herrschte in einem Punkt: Nur durch strukturelle Veränderungen, klare gesetzliche Rahmenbedingungen und eine Stärkung der Spendenlogistik kann der Wandel gelingen. Gerade für kleinere Handwerksbetriebe wäre ein niederschwelliger Zugang zu Abgabeprogrammen wichtig – damit auch Brot, Gebäck und andere Frischwaren nicht länger im Abfall enden.