
Soja auf dem Prüfstand: Frankreich spricht Warnung aus – Bäckerhandwerk vor neuen Fragen
Sojamehl im Brot, pflanzenbasierte Füllungen in Feingebäck, vegane Patisserie – viele Bäckereien und Konditoreien setzen zunehmend auf Sojaprodukte als funktionelle und pflanzliche Alternative zu Milch, Ei oder Weizen. Doch nun sorgt ein Bericht der französischen Lebensmittelsicherheitsbehörde ANSES für Unsicherheit: Sie rät ausdrücklich davon ab, Soja in Gemeinschaftsverpflegung wie Schul- oder Krankenhausküchen zu verwenden.
Grund sind sogenannte Isoflavone – pflanzliche Hormone, die im Körper östrogenähnlich wirken können. Für vulnerable Gruppen wie Kinder oder Menschen mit Stoffwechselerkrankungen könnten diese Wirkstoffe problematisch sein. Eine Empfehlung, die auch das Bäckerhandwerk betrifft: Denn Soja ist längst kein Exot mehr in modernen Backstuben.
Isoflavone im Fokus: Vorsicht statt Verzicht?
Isoflavone kommen natürlicherweise in Sojabohnen vor und werden besonders in hochverarbeiteten Produkten – etwa Tofu oder Sojamehl – in größeren Mengen aufgenommen. ANSES warnt vor möglichen hormonellen Effekten bei häufiger Aufnahme in Kantinen und Spitälern, da dort keine individuelle Steuerung der Verzehrmenge möglich ist.
Für das Bäckerhandwerk stellt sich die Frage: Muss künftig auf Sojamehl verzichtet werden? Müssen Rezepturen angepasst werden? Noch ist die Antwort vorsichtig zu formulieren. Denn: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sowie das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sehen bei moderatem Verzehr derzeit keine akute Gesundheitsgefahr, auch nicht für Kinder. Dennoch gilt: Die Studienlage ist nicht eindeutig, und der französische Vorstoß könnte Vorbildwirkung haben.
Österreichs Backbetriebe: Zwischen Innovation und Verantwortung
In Österreich ist Sojamehl in der Backbranche seit Jahrzehnten etabliert – insbesondere in Form von Lecithin als Emulgator oder als Bestandteil von Mehlmischungen, die dem Teig Elastizität verleihen. Auch vegane Produkte nutzen Soja als Ei-Ersatz. Solange diese Produkte klar gekennzeichnet sind und nicht gezielt in empfindlichen Einrichtungen wie Kindergärten oder Pflegeheimen eingesetzt werden, besteht kein akuter Handlungsbedarf.
Trotzdem ist das Thema relevant. Denn viele Bäckereien beliefern Schulen, Mensen oder Spitäler. In der Gemeinschaftsverpflegung sind künftig Kennzeichnung, Dosierung und Alternativen entscheidende Stichworte. BäckerInnen, die für diese Einrichtungen produzieren, sollten prüfen, in welchen Produkten Soja enthalten ist – und ob beispielsweise auf Erbsen-, Lupinen- oder Hafermehle ausgewichen werden kann.
Chancen für regionale Alternativen
Sojamehl ist funktional, günstig und gut verfügbar – aber nicht alternativlos. Vor allem heimische Hülsenfrüchte wie Kichererbse, Lupine oder Ackerbohne gewinnen an Bedeutung. Auch in der veganen Patisserie könnten heimische Stärkequellen, hochwertige Öle oder Haferdrinks eine stärkere Rolle spielen.
Für das Bäcker- und Konditorenhandwerk könnte die Diskussion um Soja ein Anstoß für mehr Regionalität und Transparenz sein. Statt pauschaler Ablehnung geht es um informierte Entscheidungen – und darum, KonsumentInnen mit klarer Kommunikation zu gewinnen: „Soja ja – aber verantwortungsvoll.“

Keine Panik, aber genauer hinschauen
Die Empfehlung aus Frankreich ist kein Grund zur Panik, aber ein deutlicher Hinweis, dass pflanzliche Alternativen nicht automatisch risikofrei sind. Für Österreichs Bäcker und KonditorInnen gilt: Wer Gemeinschaftsverpflegung beliefert, sollte Rezepturen kritisch hinterfragen, Sojagehalte prüfen und offen über Zutaten kommunizieren. Wer auf Qualität, Regionalität und Vielfalt setzt, kann auch ohne Soja hervorragende Backwaren herstellen – ganz im Sinne eines verantwortungsvollen Lebensmittelhandwerks.