Vielfalt im Lebensmittelhandel: Warum kleine Produzenten essenziell sind

Der österreichische Lebensmittelhandel wird von wenigen Konzernen dominiert. Welche Auswirkungen hat das auf Produzenten, Konsumenten und die Produktvielfalt? Wie können kleine Betriebe gestärkt werden?

Der Lebensmittelhandel in Österreich ist stark konzentriert: Die vier größten Handelsunternehmen – Spar, Rewe, Hofer und Lidl – beherrschen mehr als 90 % des Marktes. Doch was bedeutet das für Produzenten, Konsumenten und die Produktvielfalt? Eine ausgewogene Handelsstruktur mit vielen kleinen und mittelständischen Herstellern bringt klare Vorteile für Qualität, Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Fairness.

Konzentration im Handel: Wer bestimmt den Preis?

Seit Jahren nimmt die Marktkonzentration im Lebensmittelhandel zu. Die Macht der großen Handelsketten wächst, während kleine Produzenten um faire Preise kämpfen. Laut Statistik Austria erwirtschaftete der Lebensmitteleinzelhandel im Jahr 2024 ein Umsatzplus von 4,3 % gegenüber dem Vorjahr. Besonders Discounter profitieren von dieser Entwicklung, während regionale Produzenten zunehmend unter Druck geraten.

Eine Studie aus Deutschland zeigte bereits 2021, dass Lebensmittelhersteller einen immer größeren Anteil ihres Umsatzes mit nur wenigen Abnehmern erwirtschaften. In Österreich zeigt sich ein ähnliches Bild: Viele Hersteller machen bis zu 70 % ihres Umsatzes mit nur drei Großkunden. Dadurch entsteht eine erhebliche Abhängigkeit, die langfristig die Preisgestaltung verzerrt.

Für Konsumenten stellt sich die Frage: Was bedeutet es, wenn Discounter mit Niedrigpreisen locken? Günstige Lebensmittel erscheinen auf den ersten Blick vorteilhaft, doch sie könnten langfristig hohe Kosten verursachen – nicht nur für kleine Betriebe, sondern auch für die Qualität der Produkte. Besonders in der Fleischbranche zeigt sich, dass mittelständische Betriebe mit nachhaltigen Konzepten oft keine Chance gegen den Preisdruck der Handelsriesen haben.

Regionale Produzenten stärken die Wirtschaft

Ein regionaler Metzgerbetrieb oder eine handwerkliche Bäckerei schafft deutlich mehr Arbeitsplätze als eine Filiale eines Discounters mit industriell gefertigter Ware. Während im Lebensmitteleinzelhandel durch Rationalisierung und Automatisierung Personal eingespart wird, sind Handwerksbetriebe personalintensiver. In einer Fleischerei beispielsweise entstehen zehnmal so viele Arbeitsstunden pro Umsatz-Euro wie in einem Discounter. Zudem sorgen regionale Zulieferer und Handwerksbetriebe für eine stärkere lokale Wertschöpfung, während Supermarktriesen ihre Gewinne oft ins Ausland transferieren.

Auch wirtschaftlich ist die Dominanz weniger Unternehmen problematisch: Während sich regionale Handwerksbetriebe durch nachhaltige Produktion und hohe Qualität auszeichnen, stehen Großkonzerne unter dem Druck, Effizienz und Gewinnmaximierung in den Vordergrund zu stellen. Das Resultat ist ein Verdrängungswettbewerb, der kleine Anbieter gefährdet.

Mehr Vielfalt durch dezentrale Strukturen

Wenn wenige Handelskonzerne den Markt dominieren, führt das oft zu einer Standardisierung des Sortiments. Die Vielfalt an regionalen Spezialitäten schwindet, weil große Ketten sich auf wirtschaftlich lukrativere Produkte konzentrieren. Laut Statistik Austria ging der Marktanteil von kleineren Lebensmittelanbietern in den letzten Jahren kontinuierlich zurück, was bedeutet, dass Konsumenten immer weniger Auswahl haben.

Handwerksbäckereien und Metzgerbetriebe hingegen bieten eine breite Palette an frischen, handwerklich hergestellten Produkten, die es in den Regalen der Supermärkte oft nicht gibt. Während in industrieller Produktion vor allem auf Effizienz gesetzt wird, können kleine Betriebe flexibler auf Trends und Kundenwünsche reagieren.

Freie Wahl für Konsumenten

Die Marktmacht der Handelsketten beeinflusst nicht nur die Produzenten, sondern auch die Konsumenten. Wenn kleine Anbieter verdrängt werden, schrumpft die Auswahl. Kunden können dann nur noch zwischen den Angeboten der großen Konzerne wählen. Besonders kritisch wird dies bei der Frage der Preisgestaltung: Discounter haben aufgrund ihrer Größe die Möglichkeit, Preise nach Belieben zu gestalten – mit gravierenden Folgen für Produzenten und Verbraucher gleichermaßen.

Politik und Verbraucher in der Verantwortung

In Österreich sind starke gesetzliche Regelungen notwendig, um eine gesunde Marktstruktur zu erhalten. Auch in der Vergangenheit gab es immer wieder Diskussionen über die Auswirkungen der Marktkonzentration. Beispiele wie das Verschwinden der Supermarktketten Konsum, Meinl und Zielpunkt zeigen, wie stark sich der Markt verändert hat. Heute gibt es kaum noch Alternativen zu den großen Handelsketten.

Gleichzeitig haben die Verbraucher eine entscheidende Rolle: Mit ihrer Kaufentscheidung können sie heimische Produzenten unterstützen und zur Erhaltung der Vielfalt beitragen. Wer sich für regionale und handwerklich hergestellte Produkte entscheidet, fördert nachhaltige Wirtschaftskreisläufe und stärkt kleine und mittlere Betriebe. Die Zukunft des Lebensmittelhandels in Österreich hängt also nicht nur von politischen Entscheidungen ab, sondern auch davon, ob Konsumenten und Produzenten gemeinsam für Vielfalt, Qualität und faire Preise eintreten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"