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Robert Ableidinger: „Die Zukunft der Konditorei ist weiblich”

Robert Ableidinger, Vorsitzender der Meisterprüfungskommission der Konditoren in Niederösterreich, im Gespräch über den Weg zur erfolgreichen Meisterprüfung, Bewertungskriterien und Quereisteigerinnen.

Seit mehr als vier Jahrzehnten widmet sich Konditormeister Robert Ableidinger der süßen Handwerkskunst. Sein Know-how hat er mit viel Leidenschaft als Lehrer an der Landesberufsschule Baden dem Konditornachwuchs mitgegeben. Rund zehn Jahre lang leitete Robert Ableidinger den Meisterkurs am WIFI Niederösterreich. Seit zwei Jahren ist er Vorsitzender der Meisterprüfungskommission. Mit großem Interesse verfolgt er den Werdegang seiner Schützlinge auch nach der Meisterprüfung.

ÖBKZ: Vanessa Engerth, eine Ihrer Absolventinnen im Meiterkurs, hat mit Vanessa’s Sweet Cake Dream ein florierendes Ein-Frau-Unternehmen geschaffen. Gibt es viele solcher Beispiele?

Robert Ableidinger: „Vanessa betreibt ihr Unternehmen mit großem Engagement. Hinter ihrem Erfolg stehen neben einem exzellenten Handwerk harte Arbeit und große Disziplin. Den Wunsch nach Selbstständigkeit haben viele, aber nicht alle können – mitunter auch aus wirtschaftlichen Gründen – diesen erfolgreich umsetzen.“

ÖBKZ: Bei den Konditorkursen gibt es viele sogenannte „Quereinsteiger“. Warum ist das so?

Robert Ableidinger: Wir müssen eigentlich von ,Quereinsteigerinnen‘ sprechen. Ich schätze, dass rund 98 % der Kursteilnehmer Frauen sind. Viele von ihnen kommen aus Büroberufen. Sie wollen weg von der Computerarbeit, wollen lieber etwas Kreatives machen. Etwas schaffen, womit sie den Menschen Freude machen. Sie nehmen dafür auch finanzielle Einbußen in Kauf.“

ÖBKZ: Wo sehen Sie die größten Unterschiede zwischen gelernten Konditorinnen und Quereinsteigerinnen?

Robert Ableidinger: „Konditormeister und -meisterinnen müssen mehr können, als einfach nur gute Torten oder Kekse backen. Sie müssen das Handwerk im kleinen Finger haben. Quereinsteigerinnen fehlt oftmals die nötige Übung, beispielsweise beim Modellieren oder bei den Anlasstorten. Es macht eben einen Unterschied, ob einige wenige Torten gebacken und ausgefertigt wurden oder 80, 100 und mehr. Dies sieht man etwa bei der Exaktheit der Schriften oder dem Eyecatcher auf der Torte. Im Meisterkurs werden die Teilnehmer auf exaktes Arbeiten geschult und mit den wichtigsten ,Tricks‘ ausgestattet, damit auch meisterliche Figuren oder kreative Kekse gelingen. Die Arbeit der Trainer zeigt Früchte, das Niveau der Leistungen aller Teilnehmer ist gestiegen, sowohl von den gelernten als auch von den Quereinsteigerinnen, die oftmals exzellente Arbeiten abliefern.“

ÖBKZ: Kann jede/jeder einfach zur Meisterprüfung antreten?

Robert Ableidinger: „Grundvoraussetzung für die Meisterprüfung ist das vollendete 18. Lebensjahr. Im WIFI-Vorbereitungskurs zur Meisterprüfung für Konditorinnen und Konditoren werden den Teilnehmern genau jene theoretischen und praktischen Qualifikationen vermittelt, die zur positiven Ablegung der Meisterprüfung benötigt werden. Um diesen Meisterkurs sofort besuchen zu können, ist ein Lehrabschluss erforderlich. Für Personen, die keinen Lehrabschluss vorweisen können sowie für Quereinsteiger wurde seit rund acht Jahren ein Grundkurs Konditorei vorgeschaltet. Dieser Kurs muss verpflichtend besucht werden, um mit genügend Praxiserfahrung in den Vorbereitungskurs für die Meisterprüfung einsteigen zu können. Der Grundkurs Konditorei findet ebenfalls am WIFI statt und umfasst fünf Wochenenden.“

ÖBKZ: Wie erfolgt die Bewertung bei der praktischen Prüfung?

Robert Ableidinger: „Ziel der Prüfung ist der Nachweis von Lernergebnissen, die über dem Qualifikationsniveau beruflicher Erstausbildung liegen und den Merkmalen des Niveaus 6 des Nationalen Qualifikationsrahmens entsprechen. Dafür wurde vom Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft in Absprache mit der Bundesinnung der Lebensmittelgewerbe ein Punktesystem zur Bewertung entwickelt. Die Prüfungskommission besteht aus einem Dreier-Team, die Abweichungen zwischen den einzelnen Kommissionsmitgliedern sind nach diesem Schema minimal, sodass eine objektive Beurteilung gegeben ist.“

ÖBKZ: Was würden Sie bei einer Meisterprüfung einmal gerne sehen?

Robert Ableidinger: „Die kunstvollen Meisterstücke bestehen zumeist aus Schokolade oder Zucker. Es würde mich freuen, einmal eine handwerklich perfekte, kreative Hochzeitstorte bewerten zu dürfen.“

Autorin: Hilde Resch

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