
Seit Februar 2024 steht Leo Jindrak als Bundesinnungsmeister an der Spitze des österreichischen Lebensmittelgewerbes. In dieser Funktion vertritt der Oberösterreicher die Interessen der Bäcker, Fleischer, Konditoren, Müller sowie des Nahrungs- und Genussmittelgewerbes auf Bundesebene. Ein Jahr nach seinem Amtsantritt blicken wir gemeinsam mit ihm zurück: Welche Herausforderungen galt es zu meistern? Welche Erfolge konnten erzielt werden? Und welche Themen stehen in den kommenden Monaten im Fokus? Wir haben den Bundesinnungsmeister zum Gespräch getroffen.

ÖBKZ: Welche Eindrücke haben Sie in Ihrem ersten Jahr als Bundesinnungsmeister gewonnen?
Leo Jindrak: „Ich bin im letzten Jahr durch die Bundesländer getourt und habe bei meinen Besuchen in den Landesinnungen viele Informationen rund umdie Anliegen und Probleme der Mitgliedsunternehmen aller fünf Berufsgruppen gesammelt. Summa summarum kann ich festhalten, dass die Kollegen Hervorragendes in der Betreuung und Unterstützung der Mitglieder leisten. Ich hoffe, dass ihre gute Arbeit bei der kommenden Wirtschaftskammerwahl honoriert wird und nur jene gewählt werden, die für ihre Mitglieder arbeiten, und nicht jene, die nur kurz vor einer Wahl alles besser zu wissen vorgeben. Auch in der Bundesinnung arbeiten wir mit Hochdruck daran, Verbesserungen für die Unternehmen auf nationaler wie europäischer Ebene zu erreichen. An dieser Stelle möchte ich der Geschäftsführerin der Bundesinnung, Anka Lorencz, und ihrem Team sehr herzlich für die gute Arbeit danken.“
ÖBKZ: Was belastet die Betriebe der Lebensmittelgewerbe derzeit besonders?
Leo Jindrak: „Die Probleme sind in den letzten Jahren gleich geblieben: Fachkräftemangel, hohe Energie- und Rohstoffkosten und eine Flut an bürokratischen Auflagen. Hier ist die neue Bundesregierung gefordert, die dringend nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich Arbeit wieder lohnt und am Ende des Tages für alle mehr bleibt. Damit können wir die schwächelnde Kaufkraft stärken und Investitionen fördern.“
ÖBKZ: Was können die Betriebe gegen den Fachkräftemangel tun?
Leo Jindrak: „Wer gute Mitarbeiter haben will, muss sie auch selbst ausbilden. Ich appelliere daher an die Betriebe, verstärkt Lehrlinge auszubilden. Sie sind die Fachkräfte von morgen. Auch bei der Nachwuchsarbeit müssen wir alle an einem Strang ziehen. Das beginnt bei den JuniorSkills, den vormaligen Landeslehrlingswettbewerben, über die AustrianSkills bis zu den internationalen Bewerben. Bei den WorldSkills in Lyon konnten unsere Teilnehmer wieder sehr gut abschneiden. Und: Jede Berichterstattung über alle diese Bewerbe ist eine gute Werbung für unsere Berufe und die Gewinnung neuer Mitarbeiter.“
ÖBKZ: Welche weiteren Maßnahmen hat die Bundesinnung gesetzt, um den Bäcker- und Konditorberuf attraktiver zu machen?
Leo Jindrak: „Ein wichtiger Schritt, um die backenden Branchen zukunftsfit zu machen, ist Ausund Weiterbildung auf hohem Niveau. Dafür bedarf es zeitgemäßer, einheitlicher Lehrpläne. Wir haben beispielsweise die Meisterprüfungsordnung für Konditoren unter Mitwirkung von Experten, der Bundesinnung und allen Landesinnungen schon vor fünf Jahren überarbeitet. Bei den Bäckern gilt eine neue Meisterprüfungsordnung ab 1. Juli 2025. Auch im Bereich der überbetrieblichen Ausbildung versuchen wir neue Maßstäbe zu setzen. In einer Kooperation zwischen der Bundesinnung der Lebensmittelgewerbe, der Lebensmittelakademie und der Bundesakademie Weinheim wurde im Herbst 2024 bereits der zweite Ausbildungslehrgang zum/zur diplomierten Brotsommelier/ière abgeschlossen. Neun Top-Bäckerinnen und Bäcker haben diesen Lehrgang erfolgreich absolviert. 2025 startet erstmalig eine Fortbildung zum Schokoladen-Sommelier wieder in Kooperation mit der Bundesakademie Weinheim.“
ÖBKZ: Stichwort Rohstoffpreise: Wie ist hier die aktuelle Situation?
Leo Jindrak: „Manche Rohstoffpreise bewegen sich mittlerweile in schwindelerregenden Höhen, wenn ich beispielsweise an Kakao oder Butter denke. Die gestiegenen Preise lassen sich nur bedingt weitergeben. Ich kann den Betrieben nur ans Herz legen, auf die Kosten zu schauen und genau zu kalkulieren, damit am Ende des Tages etwas überbleibt.“
ÖBKZ: Im März finden Wirtschaftskammerwahlen statt. Warum ist es wichtig, daran teilzunehmen?
Leo Jindrak: „Wir sollten unser demokratisches Recht zu wählen immer ernst nehmen und daher auch im März bei den Wahlen in die Branchenvertretungen der WKO nutzen, denn viele Generationen vor uns haben sich dieses Recht erst erkämpfen müssen. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Unsere Anliegen als Lebensmittelhandwerk können wir nur gemeinsam und mit Stärke voranbringen. Eine Interessenvertretung ohne Rückhalt ihrer Mitglieder kann sich nicht das nötige Gehör verschaffen, um auf die Gesetzgebung und auf bevorstehende Entwicklungen Einfluss zu nehmen. Das ist meine feste Überzeugung.“
Autorin: Hilde Resch