
Ein Paukenschlag im Kartellrecht: Der OGH hat den Handelskonzern Rewe, zu dem Billa, Billa Plus, Bipa, Penny und Adeg gehören, zu einer Strafe von 70 Millionen Euro verurteilt. Anlass war die nicht angemeldete Übernahme eines Supermarkts im WELAS Park Einkaufszentrum in Wels.
Nicht gemeldeter Zusammenschluss als Auslöser
Bereits 2018 übernahm die damalige Merkur Warenhandels AG (heute Billa Plus) Verkaufsflächen der Weiß Handels GmbH. Laut Wettbewerbsrecht hätte dieser Schritt bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) angemeldet werden müssen – das unterblieb jedoch. Erst 2022 wurde die Übernahme nachträglich gemeldet und genehmigt. Trotz dieser Genehmigung wurde eine Strafe verhängt: Zunächst setzte das Kartellgericht 1,5 Millionen Euro an, der OGH erhöhte diese Summe auf 70 Millionen Euro.
Abschreckung als Ziel
Die drastische Erhöhung der Strafe durch den OGH soll eine Signalwirkung haben. Das Kartellgesetz erlaubt Geldbußen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes – bei Rewes 2023er-Umsatz von 92 Milliarden Euro wären das theoretisch bis zu neun Milliarden Euro. Laut OGH sind solche Strafen notwendig, um Verstöße effektiv zu verhindern und internationale Standards einzuhalten.
Juristische Bewertung des Urteils
Der Wiener Kartellrechtsexperte Peter Stockenhuber sieht die Entscheidung als folgerichtig. „Nicht gemeldete Zusammenschlüsse sind keine Lappalie“, erklärte er. Die Strafe folge internationalen Maßstäben und sei vergleichbar mit der Verzehnfachung der Strafe gegen Spar im Jahr 2015.
Rewe übt scharfe Kritik
Rewe reagierte mit Unverständnis auf das Urteil. „Eine derart hohe Strafe für einen reinen Formalverstoß ist unverhältnismäßig“, erklärte das Unternehmen. Der Konzern verweist darauf, dass der Standortwechsel keine wirtschaftlichen Vorteile gebracht habe und nachträglich genehmigt wurde. „Das ist, als würde man für einen falsch ausgefüllten Parkschein den Preis eines Neuwagens zahlen“, so Rewe weiter.
Konsequenzen und Zukunftsaussichten
Rewe betont, dass Kunden und Mitarbeiter von der Strafe nicht betroffen sein werden. „Es wird keine Stellenstreichungen oder Preiserhöhungen geben“, versichert das Management. Gleichzeitig kritisiert das Unternehmen, dass eine solche Strafe negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich haben könnte. Das Urteil könnte die Debatte um Kartellverstöße in Österreich neu entfachen. Während die BWB schärfere Vorschriften fordert, wird Rewe möglicherweise juristische Schritte gegen die Entscheidung prüfen.