Insektenmehl in Brot und Backwaren: Die Zukunft des Bäckerhandwerks?

Essbare Insekten sind als neuartige Lebensmittel in der EU zugelassen. Doch wie sicher sind sie? Welche gesetzlichen Vorgaben gelten in Österreich? Dieser Leitfaden liefert fundierte Informationen zur Zulassung, Sicherheitsprüfung und Kennzeichnungspflicht – mit geprüften Quellen.

Während Insektenmehl in Snacks und Proteinriegeln bereits seit einigen Jahren erprobt wird, hält es nun langsam auch Einzug in die Backwarenbranche. In einigen europäischen Ländern gibt es bereits erste Brote und Brötchen, die mit Insektenmehl angereichert sind. Doch was steckt hinter diesem neuen Trend? Welche Vorteile bietet Insektenmehl für Brot und Gebäck – und wie reagieren Konsumenten darauf?

Eine nährstoffreiche Ergänzung für traditionelle Backwaren

Die Zusammensetzung von Insektenmehl macht es besonders interessant für die Bäckerei-Branche. Insektenmehl ist reich an hochwertigem Protein und enthält essenzielle Aminosäuren, Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine sowie wichtige Mineralstoffe wie Eisen und Zink. Gerade in einer Zeit, in der sich viele Menschen bewusster ernähren und auf eine proteinreiche Kost achten, könnte das eine attraktive Ergänzung zu herkömmlichem Mehl sein.

Ein besonderer Vorteil: Im Vergleich zu Weizenmehl hat Insektenmehl eine deutlich höhere biologische Wertigkeit, was bedeutet, dass der Körper die enthaltenen Proteine effizienter verwerten kann. Somit kann beispielsweise ein Brot mit einem kleinen Anteil an Insektenmehl bereits einen höheren Proteingehalt aufweisen als herkömmliche Vollkornbrote.

Nachhaltigkeit als Verkaufsargument

Neben den ernährungsphysiologischen Vorteilen spielt auch die Umweltfreundlichkeit eine große Rolle. Die Produktion von Insektenmehl benötigt wesentlich weniger Wasser, Futter und Fläche als herkömmliche Getreide- oder tierische Proteinquellen. Zudem erzeugen Insekten deutlich weniger Treibhausgase als klassische Viehzucht. Diese ökologischen Vorteile machen Insektenmehl zu einer vielversprechenden Alternative für eine nachhaltigere Lebensmittelproduktion.

Bäckereien, die auf Regionalität und Nachhaltigkeit setzen, könnten mit insektenbasierten Backwaren eine neue Zielgruppe ansprechen: Konsumenten, die bewusster konsumieren und auf eine umweltfreundliche Ernährung achten.

Wie verändert sich Geschmack und Konsistenz von Brot mit Insektenmehl?

Viele Verbraucher fragen sich, ob Insektenmehl den Geschmack oder die Konsistenz von Backwaren beeinflusst. Tatsächlich hat es eine leicht nussige Note, die sich gut in verschiedene Brotsorten und Backwaren einfügt. Da es sich jedoch um ein sehr proteinreiches Mehl handelt, ist es nicht als 1:1-Ersatz für Weizen- oder Roggenmehl geeignet. In der Regel wird Insektenmehl daher in geringen Mengen beigemischt – oft zwischen 5 und 10 Prozent des Gesamtmehls.

Tests haben gezeigt, dass Brote mit Insektenmehl eine angenehme Kruste und eine etwas dichtere Krume erhalten. Das verleiht ihnen einen leicht rustikalen Charakter, der viele Brotliebhaber anspricht.

Akzeptanz und rechtliche Vorgaben

Obwohl die Vorteile offensichtlich sind, bleibt die Frage: Sind Konsumenten bereit, Brot mit Insektenmehl zu kaufen? Erste Studien zeigen eine geteilte Meinung: Während ernährungsbewusste Menschen und jüngere Konsumenten neugierig sind, gibt es bei älteren Generationen noch Vorbehalte.

Rechtlich gesehen unterliegt Insektenmehl den gleichen Vorgaben wie andere neuartige Lebensmittel. Produkte müssen eine Zulassung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durchlaufen, und die Zutaten müssen auf der Verpackung klar deklariert werden. Auch Allergiker sollten sensibilisiert werden: Menschen mit einer Allergie gegen Krebstiere oder Hausstaubmilben könnten auf Insektenmehl reagieren.

Wie wird in Österreich sichergestellt, dass die Lebensmittel mit Insekten entsprechend den Vorgaben in Verkehr gebracht werden?

Bei essbaren Insekten handelt es sich um „Lebensmittel“, definiert entsprechend der EG-Basisverordnung (EG) Nr. 178/2002 gem. Art. 2. In Österreich gilt für Unternehmer:innen, die diese Tiere in Verkehr bringen wollen, der Rechtsrahmen des österreichischen Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG). Die Lebensmittelunternehmer:innen sind auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen verantwortlich dafür, dass die Lebensmittel oder Futtermittel den Anforderungen des Lebensmittelrechts entsprechen.

Die Verordnung (EU) 2017/625 regelt amtliche Kontrollen und weitere behördliche Maßnahmen zur Einhaltung des Lebens- und Futtermittelrechts sowie der Vorschriften zu Tiergesundheit, Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmitteln auf EU-Ebene. In Österreich erfolgen diese Kontrollen auf Grundlage des LMSVG (Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes) und orientieren sich am Vorsorgeprinzip sowie einem risikobasierten Ansatz. Ziel ist es, die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten und Verbraucher:innen vor irreführenden Angaben zu schützen.
Der Import von für den menschlichen Verzehr bestimmten Insekten aus Drittstaaten ist nur zulässig, wenn diese aus den in Anhang XV der Verordnung (EU) 2021/405 aufgeführten Ländern stammen. Aktuell gehören dazu Kanada, die Schweiz, das Vereinigte Königreich, Thailand, Vietnam und Südkorea.

Ein Brot der Zukunft?

Brot und Backwaren mit Insektenmehl sind noch nicht weit verbreitet, doch das Potenzial ist groß. Mit seinem hohen Proteingehalt, den nachhaltigen Vorteilen und der wachsenden Akzeptanz könnte es schon bald eine Alternative für gesundheitsbewusste und umweltorientierte Konsumenten werden. Die Frage ist nicht mehr, ob sich Insektenmehl in Backwaren etablieren wird, sondern wann – und ob Verbraucher bereit sind, es als festen Bestandteil ihres Frühstücks oder Abendbrots zu akzeptieren. 

Welche Insekten sind in der EU als Lebensmittel zugelassen?

  • Gelber Mehlwurm (Tenebrio molitor Larve)
  • Hausgrille (Acheta domesticus)
  • Wanderheuschrecke (Locusta migratoria)
  • Getreideschimmelkäferlarven (Alphitobius diaperinus)

Diese Insekten sind für verschiedene Lebensmittelkategorien zugelassen und können in Proteinriegeln, Nudeln, Backwaren oder Fleischersatzprodukten verwendet werden.

Wie werden Lebensmittel mit Insekten auf ihre Sicherheit geprüft?

Die EFSA führt umfassende Sicherheitsbewertungen durch, bevor eine Zulassung erteilt wird. Diese beinhalten:

  • Toxikologische Untersuchungen
  • Mikrobiologische Kontrollen
  • Allergiepotenzial
  • Nährwertbewertung

Gesundheitsaspekte: Nutzen und Risiken von Insektenmehl

Vorteile

  • Hochwertige Proteine mit essenziellen Aminosäuren
  • Omega-3-Fettsäuren
  • B-Vitamine
  • Wichtige Mineralstoffe

UV-behandeltes Mehlwurmpulver kann den Vitamin-D-Gehalt erhöhen und als zusätzliche Quelle für dieses essenzielle Vitamin dienen.

Risiken

  • Allergien, insbesondere für Menschen mit Krebstier- oder Hausstaubmilbenallergie
  • Notwendigkeit strenger Hygienevorschriften
  • Kein Ersatz für die natürliche Vitamin-D-Synthese durch Sonnenlicht

Kennzeichnungspflichten für Lebensmittel mit Insekten

In der EU gelten strenge Kennzeichnungsvorschriften:

  • Eindeutige Deklaration in der Zutatenliste
  • Allergenhinweise
  • Spezielle Vorschriften für Nahrungsergänzungsmittel

Wie wird die Lebensmittelsicherheit in Österreich sichergestellt?

In Österreich erfolgt die Kontrolle durch:

  • Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz (AGES)
  • Lebensmittelaufsicht der Bundesländer
  • Zoll- und Grenzkontrollen

 

 

Leitlinien für gezüchtete Insekten als Lebensmittel – herausgegeben vom Bundesministerium Sozial, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

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