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EU bremst Berichtspflichten ein: Entlastung für Österreichs Bäckereien und Konditoreien

Mit der Entscheidung des Europäischen Parlaments zur Vereinfachung der Regeln für Nachhaltigkeitsberichte und Sorgfaltspflichten rückt eine deutliche Reduktion des bürokratischen Aufwands näher. Besonders kleinere und mittlere Betriebe sollen künftig vor überzogenen Anforderungen geschützt werden.

Die EU plant eine spürbare Neuordnung ihrer Nachhaltigkeitsgesetzgebung. In Straßburg haben die Abgeordneten einem Mandat zugestimmt, das gleich zwei große Regelwerke entschlacken soll: die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die Richtlinie zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette (CSDDD). Die Abstimmung legt den Weg für die bevorstehenden Trilogverhandlungen frei – und wird in Österreichs Wirtschaft aufmerksam verfolgt.

Deutliche Erhöhung der Schwellenwerte

Laut dem Parlamentsbeschluss sollen künftig nur noch Unternehmen mit mehr als 1.750 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von über 450 Millionen Euro verpflichtet sein, regelmäßig Nachhaltigkeitsberichte vorzulegen. Die bislang vorgesehene Ausweitung hätte viele mittelständische Betriebe – darunter zahlreiche Bäckereien und Konditoreien im Lebensmittelhandwerk – potenziell indirekt getroffen.

Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Mandl bezeichnet die Korrektur als längst überfällig: „Die Schwellenwerte wurden endlich realistisch angepasst – das ist eine Entlastung für tausende KMU.“
Besonders für börsennotierte kleinere Betriebe bedeutet die geänderte Rechtsposition, dass sie vor komplexen Berichtspflichten verschont bleiben. Viele Unternehmen hätten nach Mandl weder die personellen Ressourcen noch das fachliche Know-how, um die ursprünglich geplanten Anforderungen zu bewältigen.

Weniger Detailpflichten, klarere Standards

Das Parlament fordert darüber hinaus eine Überarbeitung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Vorgesehen ist eine Reduktion der Datenpunkte, ein stärkerer Fokus auf quantitative Kennzahlen und eine deutliche Einschränkung der narrativen Berichtsteile. Branchenstandards sollen freiwillig sein – ein Aspekt, der auch im Lebensmittelhandwerk für Erleichterung sorgt, da die betriebliche Vielfalt kaum über ein Einheitsformat abzubilden wäre.
Der Berichterstatter des Rechtsausschusses, Jörgen Warborn (EVP, Schweden), verdeutlicht den politischen Kurswechsel: „Wir vereinfachen Regeln, senken Kosten und geben den Unternehmen die Klarheit, die sie brauchen.“

Kein Durchreichen von Pflichten an kleine Betriebe

Ein für kleine und mittlere Bäckereien entscheidender Punkt betrifft die Lieferketten: Großunternehmen dürfen künftig keine zusätzlichen Daten von kleineren Geschäftspartnern einfordern, die über die freiwilligen Standards hinausgehen.

Damit sollen die sogenannten Trickle-Down-Effekte verhindert werden, die viele Betriebe zuletzt verunsicherten – insbesondere jene, die mit großen Handelsketten oder Industriebetrieben zusammenarbeiten.

Lieferkettengesetz: Verpflichtungen nur für sehr große Unternehmen

Auch die europäische Lieferkettenrichtlinie soll verschlankt werden. Die neuen Schwellenwerte liegen bei über 5.000 Beschäftigten und 1,5 Milliarden Euro Jahresumsatz. Damit fällt nahezu die gesamte österreichische Lebensmittelbranche aus dem Anwendungsbereich.

Vorgesehen ist zudem ein risikoorientierter Prüfansatz: Unternehmen sollen sich künftig auf die Bereiche konzentrieren, in denen tatsächliche Risiken bestehen. Eine systematische Erhebung von Daten bei kleineren Partnern ist nicht mehr vorgesehen.
Die ursprünglich geplante Verpflichtung, einen Übergangsplan zur Erreichung der Pariser Klimaziele vorzulegen, wird gestrichen.
Auch die Wirtschaftskammer Österreich bewertet die Entwicklung positiv: „Die geplanten Anpassungen stärken die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen und bauen bürokratische Hürden ab.“

Digitales EU-Portal soll Orientierung erleichtern

Ein neues europaweites Informationsportal soll Unternehmen künftig alle relevanten Berichtspflichten gebündelt zur Verfügung stellen. Vorlagen, Leitfäden und Hintergrundinformationen sollen frei zugänglich sein und den Zugang zur komplexen Materie erleichtern.

Für viele Betriebe aus dem Bäcker- und Konditorenhandwerk, die nur punktuell mit Regulierungsfragen konfrontiert sind, könnte das Portal zu einer echten Entlastung werden.

Zeitplan: Abschluss bis Ende 2025 angepeilt

Bereits am 18. November begannen die Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission. Ziel ist eine Einigung bis zum Jahresende 2025. Erst danach wird klar sein, wie schnell die neuen Vorgaben in Kraft treten – und welcher Anpassungsbedarf für Betriebe konkret entsteht.

Für Österreichs Bäcker und Konditoren zeichnet sich jedoch bereits jetzt ab: Die EU korrigiert ihren Kurs, um überbordende Bürokratie einzudämmen und die Wettbewerbsfähigkeit des Lebensmittelhandwerks zu stärken. Während große Konzerne weiterhin in die Pflicht genommen werden, soll die betriebliche Realität kleiner und mittlerer Unternehmen künftig stärker berücksichtigt werden.

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