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Österreich kämpft sich aus der Rezession – Langsame Erholung in Sicht

Österreichs Wirtschaft zeigt erste Zeichen der Erholung nach einer langen Rezession. Laut der aktuellen WIFO-Konjunkturprognose wird das BIP 2025 um 0,3 % und 2026 um 1,1 % wachsen. Der private Konsum treibt die Erholung, während strukturelle Herausforderungen und hohe Energiepreise die Dynamik bremsen. Mehr zur Prognose und den mittelfristigen Aussichten bis 2030.

Die österreichische Wirtschaft steht an einem Wendepunkt: Nach einer langen und schwierigen Rezession zeichnet sich laut der neuesten Konjunkturprognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) eine schrittweise Erholung ab. Die revidierten Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) von Statistik Austria zeigen, dass die Wirtschaftskrise in Österreich ähnlich stark wie in Deutschland war – wenn auch etwas weniger gravierend als zunächst befürchtet. Dennoch bleibt der Weg zurück zu alter Stärke steinig, wie die Prognose für die Jahre 2025 bis 2030 verdeutlicht.

Erholung durch privaten Konsum getragen

Im Gegensatz zu früheren Aufschwungphasen wird die aktuelle Erholung nicht vom Export, sondern vom privaten Konsum angetrieben. Bereits 2024 zeigte dieser laut VGR-Daten eine spürbare Belebung. Für 2025 und 2026 erwartet das WIFO, dass die Konsumausgaben weiterhin die Wirtschaft stützen, auch wenn steigende Arbeitslosigkeit und eine restriktive Fiskalpolitik dämpfend wirken. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll 2025 um moderate 0,3 % zunehmen und 2026 auf 1,1 % beschleunigen.

„Die Rezession hat in Österreich, ähnlich wie in Deutschland, tiefe Spuren hinterlassen. Der Abschwung dauerte mit etwa drei Jahren ungewöhnlich lang“, erklärt Stefan Schiman-Vukan, Mitautor der WIFO-Prognose. Auslöser war der Energiepreisschock 2022, der besonders energieabhängige Länder in Nord-, Mittel- und Osteuropa traf.

WIFO-Prognose Oktober 2025Österreich schleppt sich aus der Rezession
WIFO-Prognose Oktober 2025: Österreich schleppt sich aus der Rezession

Export und Investitionen: Verzögerte Dynamik

Während der private Konsum Hoffnung macht, bleibt der Warenaußenhandel zunächst schwach. Erst ab 2026 rechnet das WIFO mit einer Erholung, da die internationale Nachfrage nach Investitionsgütern – ein wichtiger Bereich für österreichische Exporteure – aktuell niedrig ist. Zusätzlich belasten US-Importzölle die heimische Wirtschaft.

Positive Signale gibt es beim Wohnbau: Sinkende Zinsen beflügeln bereits die Investitionen in diesem Bereich, und diese Dynamik soll sich 2026 fortsetzen. Ausrüstungsinvestitionen hingegen hinken der Konjunktur nach, auch weil die Ertragslage vieler Unternehmen schwächelt. Der öffentliche Sparkurs dämpft zudem die Investitionen im Tiefbau.

Arbeitsmarkt und Inflation: Gemischte Aussichten

Der Arbeitsmarkt spiegelt noch die Nachwirkungen der Rezession wider. Die Arbeitslosenquote steigt aktuell und die Beschäftigung stagniert. Doch ab 2026 könnte die Konjunkturbelebung für Entspannung sorgen, mit einem leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit. Der demografische Wandel und Maßnahmen zur Verlängerung der Erwerbszeit mildern den Fachkräftemangel.

Die Inflation bleibt eine Herausforderung: Für 2025 prognostiziert das WIFO eine Rate von 3,5 %, unter anderem bedingt durch das Auslaufen der Strompreisbremse und Gebührenerhöhungen der öffentlichen Hand. 2026 soll der Preisauftrieb auf 2,4 % zurückgehen und Mitte 2027 das 2-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) erreichen.

Moderate Lohnabschlüsse als Signal

In der aktuellen Herbstlohnrunde hat die Gewerkschaft in der metallverarbeitenden Industrie einem zurückhaltenden Abschluss zugestimmt. Dies könnte in anderen Sektoren nachziehen und die Reallohnzuwächse, die 2024 noch kräftig ausfielen, 2026 dämpfen. Damit verbessert sich die Ertragslage der Unternehmen, während die Preisentwicklung bei Dienstleistungen weiterhin von Nominallohnsteigerungen beeinflusst wird.

Mittelfristige Perspektiven: Österreich hinkt dem Euro-Raum hinterher

Für den Zeitraum 2027 bis 2030 prognostiziert das WIFO ein durchschnittliches BIP-Wachstum von 1,1 % pro Jahr – damit liegt Österreich um 0,2 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt des Euro-Raums. „Hohe Energiepreise und Lohnstückkosten haben besonders die energieintensive Exportwirtschaft nachhaltig geschwächt. Dazu kommen strukturelle Herausforderungen wie die Integration von Migrant:innen und eine geringe Erwerbsbeteiligung Älterer“, erläutert Josef Baumgartner, Co-Autor der mittelfristigen Prognose.

Die Arbeitslosenquote soll bis 2030 auf 5,9 % sinken, während das Budgetdefizit mit durchschnittlich 3,8 % des BIP über der Maastricht-Grenze von 3 % bleibt. Der Schuldenstand steigt bis 2030 auf 88,3 % der Wirtschaftsleistung, was Österreich für künftige Krisen anfällig macht.

„Lost Decade“: WIFO-Direktor mahnt Reformen an

WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr spricht in seinem Statement zur Prognose von einem „verlorenen Jahrzehnt“. „Das reale BIP pro Kopf liegt 2025 um über 3 % unter dem Niveau von 2019. Bis 2030 wird es kaum den Vorkrisenstand erreichen“, warnt er. Felbermayr fordert eine breite Reformpartnerschaft, etwa bei der Arbeitslosenversicherung, der Grundsteuer und der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, um strukturelle Probleme zu lösen und die Inflation nachhaltig zu senken.

Langsamer Aufstieg mit Hürden

Österreich steht vor einer schwierigen, aber nicht hoffnungslosen wirtschaftlichen Zukunft. Die Erholung aus der Rezession hat begonnen, doch strukturelle Schwächen, hohe Kosten und eine angespannte Haushaltslage bremsen die Dynamik. Die WIFO-Prognose zeigt, dass ohne mutige Reformen das Risiko eines „verlorenen Jahrzehnts“ real bleibt. Der Fokus muss auf nachhaltigem Wachstum, Preisstabilität und sozialer Gerechtigkeit liegen, um die Herausforderungen der kommenden Jahre zu meistern.

 

WIFO-Konjunkturprognose für 2025 und 2026

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