
Maître Chocolatier Helmut Wenschitz feierte kürzlich ein ganz besonderes Jubiläum. Im roten Frack und mit dem berühmten Zuckerstab als Gehstock begrüßte er seine Gäste stilecht als Willy Wonka – und tatsächlich lassen sich einige Parallelen ziehen: Seit 35 Jahren widmet sich Wenschitz der süßen Kunst, seit 25 Jahren ganz der Welt der Pralinen. Und er hat sich – allen Unkenrufen zum Trotz – seine eigene Schokoladenwelt aufgebaut.
Dieses doppelte Jubiläum beging Wenschitz gemeinsam mit Familie, Mitarbeiter:innen, Freund:innen und langjährigen Wegbegleiter:innen. „Es ist mir ein großes Anliegen, allen Menschen Danke zu sagen, die mich auf meinem Weg unterstützt haben“, betonte der Chocolatier, der an diesem Tag außerdem seinen 60. Geburtstag feiern konnte. Mit etwa 100 Gästen hatte er gerechnet – 170 waren schließlich gekommen. „Ich wäre heute nicht da, wo ich bin, hätten mir nicht so viele geholfen“, sagt Wenschitz mit spürbarer Dankbarkeit.
Für die zahlreichen Besucher:innen gab es nicht nur süße und pikante Köstlichkeiten aus dem eigenen Haus, sondern auch ein besonderes Highlight: Unter Anleitung durften sie ihre ganz persönliche Tafel Schokolade gestalten. „Da waren alle mit Feuereifer dabei“, erzählt Wenschitz schmunzelnd.
Das Jubiläum wird übrigens noch bis Jahresende gefeiert: Zu jedem Einkauf im Shop gibt es eine eigens kreierte Jubiläumspraline – inklusive QR-Code, der Einblick in die Geheimnisse der Pralinenkunst gewährt.

Von der Bäckerei zur Pralinenwelt
Bereits im Jahre 1890 gründete der Urgroßvater von Helmut Wenschitz in Allhaming eine Bäckerei. 100 Jahre später wird Helmut Wenschitz Konditor-und Bäckermeister mit Konzessionsprüfung für Gastronomie und Hotellerie. Er eröffnet eine Café-Konditorei-Confiserie in Wels und arbeitet Tag und Nacht, sieben Tage die Woche. Vom ersten Tag an stellt er alle Produkte selbst her – dazu gehören auch Frischepralinen von hoher Qualität und ohne Konservierungsstoffe. Dass er einmal von Schokolade allein leben könnte, war für ihn damals noch unvorstellbar. 1994 folgt eine entscheidende Weichenstellung: Helmut Wenschitz investiert das für einen Urlaub gesparte Geld in einen Messestand bei der Fachmesse für Bäcker und Konditoren in Wels. Der Messeauftritt wird ein voller Erfolg. Immer mehr Konditoreien, Delikatessengeschäfte und Fachhändler interessieren sich für seine Confiserie-Spezialitäten.
Als die Nachfrage nach seinen Pralinenprodukten explodiert und erste Mitarbeiter eingestellt werden müssen, trifft Wenschitz im Jahr 2000 eine mutige Entscheidung: Er verkauft sein Café in Wels und widmet sich fortan ausschließlich der Pralinenkunst. Diese Konzentration ermöglicht ihm neue Freiheiten – und öffnet den Raum für innovative Kreationen, mit denen er sich österreichweit einen Namen macht und der Erfolgsweg seinen Lauf nahm: Heute beschäftigt die Confiserie Wenschitz GmbH rund 40 Mitarbeitende – darunter auch einen Chocolatier-Lehrling.
Die Pralinenwelt: Eine Vision wird Realität
Von der Idee bis zur Eröffnung der Wenschitz Pralinenwelt in Allhaming vergehen 13 Jahre. So lange trägt Helmut Wenschitz den Gedanken eines eigenen Kompetenzzentrums für Schokolade mit sich. Nach einer intensiven Planungsphase erfolgt am 4. Mai 2018 der Spatenstich. Nur elf Monate später, am 11. April 2019, wird die Pralinenwelt feierlich eröffnet – mit einem viertägigen Grand Opening.
Ein Highlight des Festes ist die offizielle Enthüllung und Eintragung des hauseigenen Schokoladenbrunnens ins Guinness-Buch der Rekorde. Seither ist die Pralinenwelt öffentlich zugänglich und zählt rund 30.000 Besucher:innen pro Jahr – Tendenz steigend.
Schokobrunnen der Superlative
Im Zentrum der Wenschitz Pralinenwelt erhebt sich das beeindruckende Wahrzeichen des Hauses: der größte Schokoladenbrunnen der Welt. Aus über zwölf Metern Höhe ergießen sich 1,5 Tonnen flüssige Schokolade kaskadenartig über 16 goldene Ablaufböden – ein spektakulärer Anblick und ein wahres Meisterwerk ingenieurtechnischer Raffinesse und handwerklicher Präzision.
Die gesamte Anlage wird mit Wasser beheizt, das die Schokolade konstant bei 40 °C flüssig hält. Der spezielle Lagertank hat ein Fassungsvermögen von 1.500 Kilogramm. Im Tank sorgt ein Rührwerk für gleichmäßige Verteilung der Schokoladenmasse. Eine Pumpe transportiert die Schokolade über eine durchgehend beheizte Rohrleitung nach oben. Im Oberteil verteilt eine beheizte Wanne die Schokolade gleichmäßig auf zwei Metern Breite. Von dort fließt der Schokoladefilm über 16 Ablaufböden herab, die ebenfalls mit Wasser beheizt sind und für einen gleichmäßigen Fluss sorgen. Unten wird die Schokolade durch den Boden in eine beheizte Auffangwanne geleitet. Ein Rüttelsieb filtert die Masse und leitet sie zurück in den Lagertank – ein geschlossener Kreislauf für konstanten Genuss.

Kompetenzzentrum in Sachen Schokolade
Auf drei Etagen und über 1.000 m2 erstrecken sich in der Wenschitz Pralinenwelt Räume zum Einstimmen und Verführenlassen, Kosten, Schmecken und Genießen. Der Weg führt die Besucher:innen vom Foyer über das Kugelkino, die Entdeckungsrampe mit gläserner Produktion und die Schokoladen-Degustation bis zum Duftuniversum mit anschließendem Shop.
In der Pralinenwelt mit ihrer Akademie erfährt man alles Wissenswerte über Pralinen und Schokolade, ihre Geschichte und Herstellung, erfährt, wo Schokolade herkommt, wie sie verarbeitet wird, warum sie schmeckt, wie sie schmeckt und wie man sie richtig degustiert. „Wir sind ein Kompetenzzentrum für Schokolade und wollen den Besucher:innen einmalige Erlebnisse bieten. Das reicht von Verarbeitung, Optik und Geschmack bis hin zu aktuellen Trends beim Foodpairing“, erläutert Helmut Wenschitz.
Die Wenschitz Akademie leitet Sohn Christoph, seit Kurzem ebenfalls Konditormeister. Die Kursangebote richten sich an Anfänger:innen, Fortgeschrittene und Profis gleichermaßen. Teambuilding-Seminare für Firmen werden ebenso angeboten wie Foodpairing-Kurse mit Rum und Schokolade. Einige hundert Kursteilnehmer:innen – von Kindern bis Senior:innen – besuchen jährlich die Akademie. Alle Kurse sind restlos ausgebucht. „Die Pralinenwelt mit ihrer Akademie ist Werbung für unser süßes Handwerk und für die gesamte Branche“, so Helmut Wenschitz.

Wettbewerbe als Kreativ-Booster
Wenschitz-Pralinen und Schokoladen konnten bereits zahlreiche Preise einheimsen – mehr als 100 an der Zahl. Zuletzt gab es beim diesjährigen German Chocolate Award Gold, Silber und Bronze.
Wer Helmut Wenschitz bei der Preisverleihung auf der Bühne erwartet, wird enttäuscht. Diesen Platz überlässt er seit Jahren seinen Mitarbeitenden. „Auszeichnungen motivieren enorm und sind eine großartige Bestätigung für unser handwerkliches Können und unsere Leidenschaft für hochwertige Pralinen und Schokoladen. Das ganze Team ist ständig auf der Suche nach neuen Kreationen. So gibt es nie Stillstand“, ist der Chocolatier überzeugt. Auch wenn Branchenkolleg:innen an internationalen Wettbewerben teilnehmen, dürfen sie auf die Unterstützung von Helmut Wenschitz zählen. So sponserte er 2015 die österreichische Mannschaft bei der Team-Weltmeisterschaft der Konditor:innen in Mailand. Helmut Wenschitz reiste auch als Schlachtenbummler mit und konnte die Bronzemedaille des österreichischen Teams live miterleben.
Aktuell unterstützt er den Chocolatier Johannes Warmuth, der 2024 beim renommierten World Chocolate Master Central Europe den Titel des Austrian & German Chocolate Master gewann. Mit seinem Sieg sicherte sich Warmuth das Ticket für das Weltfinale der World Chocolate Masters 2026 in Belgien. Damit er sich optimal vorbereiten kann, stellt ihm Maître Chocolatier Wenschitz seine Akademie für Trainingszwecke kostenlos zur Verfügung.

Exklusive Kakaobohnen
Bei den Rohstoffen überlässt Helmut Wenschitz nichts dem Zufall. 2012 begab er sich auf Entdeckungsreise nach Peru, wo im abgelegenen Maranón-Tal im Norden des Landes – in Höhenlagen von 1.000 bis 1.250 Metern – die Urform der Kakaobohne wiederentdeckt wurde, die über ein Jahrhundert lang als ausgestorben galt. Diese „Pure Nacional“ zeichnet sich durch besonders feine, komplexe Aromen mit fruchtigen, blumigen und leicht nussigen Noten aus. Ihr hoher Anteil an weißem Kakaoanteil (sogenannten Porcelana-Bohnen) macht sie zur aromatischsten und zugleich seltensten Kakaosorte der Welt.
Es gelang Helmut Wenschitz, mit den Bauern vor Ort einen fairen Exklusivvertrag abzuschließen. Seither führt er als einziger Chocolatier in Österreich diese Rarität in seinem Sortiment – ein Bekenntnis zu Qualität, Nachhaltigkeit und echter Handwerkskunst.
Langfristige Geschäftsbeziehungen
Die Bohnen für die köstlichen Pralinen und Schokoladen bezieht Wenschitz neben Peru vor allem aus Ecuador, Venezuela, Madagaskar und Java. Die Vielfalt soll künftig noch weiter ausgebaut werden.
Faire und langfristige Kontrakte sind dem Chocolatier ein zentrales Anliegen. So konnten auch die Höhenflüge des Kakaopreises der vergangenen Monate abgefangen und Preisanpassungen nur moderat durchgeführt werden.
Auch durch die Corona-Zeit kam die Confiserie Wenschitz vergleichsweise gut. Die Shop-Verkäufe blieben ungebrochen – schließlich wollten sich viele Menschen in der Pandemie ihr Leben ein wenig versüßen.
Bean-to-Bar im Fokus
Sohn Christoph Wenschitz hat die HTL für Lebensmitteltechnologie und ein Jahr Meisterschule besucht und im Juli 2023 seine Meisterprüfung abgelegt. Heute leitet er nicht nur die Akademie – in der Pralinenwelt sieht er auch seine eigene berufliche Zukunft. Auch die Ausbildung zum Schokoladen-Sommelier steht – natürlich – auf seiner Agenda. „Wenn Christoph das Unternehmen übernehmen will, werden wir unser Angebot auch weiter ausbauen“, so Helmut Wenschitz. Eine Bean-to-Bar-Produktion wäre dann der nächste logische Schritt. Der begnadete Schokoladenhandwerker mit dem kompromisslosen Hang zu absoluter Qualität ist auch mit 60 Jahren voller Ideen und Visionen.
Vom Schüler zum Lehrer
Seit 2018 ist Helmut Wenschitz offiziell einer der ersten österreichischen Schokoladen-Sommeliers. Als die Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Weinheim diese Ausbildung einführte, war er sofort mit dabei – und das, obwohl er schon jahrzehntelang intensiv mit Schokolade arbeitete.
Aus den Erfahrungen des Seminars heraus entwickelte Wenschitz einen eigenen Aromafächer und einen Degustationskoffer. Dem Geschmack der Schokolade auf die Spur zu kommen, ist unerlässlich, wenn es darum geht, mit welchen Früchten oder Füllungen sie kombiniert werden soll.
Wenschitz hat außerdem spezielle Schokoladenplättchen entwickelt, die den Geschmack optimal vermitteln. Die nötigen Informationen über die Anatomie und Funktion von Gaumen, Gaumenfalte und Zunge holte er sich dazu von Sensorikern, Zahnärzten und Zahntechnikern. Die Plättchen sind leicht gewölbt, um direkt an den Gaumen angelegt zu werden. „Schokolade muss schmelzen man darf sie nicht beißen oder kauen.“ 40 Sekunden im Mund behalten – erst wenn der Kakao 36 Grad erreicht, entfalten sich seine vollen Aromen.
An seinen Erkenntnissen lässt Helmut Wenschitz die angehenden österreichichen Schokoladen-Sommeliers aktiv teilhaben. Seit diesem Jahr bietet die Lebensmittelakademie des österreichischen Gewerbes erstmals diese Ausbildung offiziell an.
„Nur wenn wir unser Wissen weitergeben, wird sich die Schokoladenkultur in Österreich weiterentwickeln“, ist Helmut Wenschitz fest überzeugt.
Autorin: Hilde Resch